Der Privatwirtschaft kostete in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2015 jede geleistete Arbeitsstunde 32,70 Euro. Der EU-Durchschnitt lag bei 25,90 Euro. Also doch kein Lohndumping?

Arbeitskosten: Platz 8 für die deutsche Privatwirtschaft im EU-Vergleich

Arbeit
Ist der deutsche Arbeitnehmer zu teuer?

Im Jahr 2015 zahlte der Arbeitgeber in der Privatwirtschaft für jede geleistete Arbeitsstunde 32,70 Euro und somit um 26 Prozent mehr als der EU-Durchschnitt, so die Statistikbehörde Destatis. Im EU-Vergleich landete die Bundesrepublik auf Platz 8.

Das höchste Arbeitskosten-Niveau war 2015 in Dänemark mit 42,70 Euro pro Arbeitsstunde, gefolgt von Belgien (41,10 Euro), Schweden (40,10 Euro), Luxemburg (36 Euro), Frankreich (35,70 Euro), Finnland (33,50 Euro) und den Niederlande (33,20 Euro).

Die niedrigsten Arbeitskosten fielen in Polen (8,40 Euro), Ungarn (8,10 Euro), Lettland (7,50 Euro), Litauen (6,90 Euro), Rumänien (5 Euro) und Bulgarien (4,10 Euro) an.

Im exportlastigen Verarbeitenden Gewerbe kostete jede Arbeitsstunde in der Bundesrepublik durchschnittlich 38 Euro. Im EU-Vergleich landete die BRD damit auf Platz 4. Der EU-Durchschnitt lag bei 26,30 Euro.

Auf Platz 9 innerhalb der EU landete der Dienstleistungssektor mit durchschnittlichen Kosten von 29,90 Pro geleistete Arbeitsstunde (15% über EU-Durchschnitt).

Die Arbeitskosten bestehen aus den Bruttoverdiensten und den Lohnnebenkosten (z.B. Krankenversicherung, Rentenversicherung). Auf 100 Euro Bruttoverdienst kamen für die Arbeitgeber in der Bundesrepublik 28 Euro Lohnnebenkosten oben drauf. Der EU-Durchschnitt für Lohnnebenkosten lag im Jahr 2015 bei 31 Euro. Höhere Lohnnebenkosten zahlten die Arbeitgeber in Schweden (48 Euro), Frankreich (46 Euro) und Belgien (44 Euro). In Malta wurden die Arbeitgeber lediglich von 9 Euro Lohnnebenkosten belastet.

Wie sieht es mit den Lohnstückkosten aus?

Die für die Privatunternehmen entstehenden Kosten pro geleistete Arbeitsstunde sagen nichts über die Produktivität der Arbeitnehmer aus. Platz 8 im EU-Vergleich hört sich erst einmal nach „teures Pflaster“ an, von Lohndumping könne also keine Rede sein. Setzt man aber die Lohnkosten ins Verhältnis zur Produktivität, erhält man den Wert der Lohnstückkosten. In der EU stieg dieser Wert zwischen den Jahren 2005 und 2010 um 6,2 Prozent an. In der Bundesrepublik stiegen die Lohnstückkosten im gleichen Zeitraum dagegen nur um 3,6 Prozent an. Mit Ausnahme der beiden „Krisenjahre“ 2008 und 2009 fielen die Lohnstückkosten in der restlichen Zeit sogar ab.

Die erbrachte Wirtschaftsleistung in der Bundesrepublik stieg in den Jahren zwischen 1991 und 2011 um 22,7 Prozent. Die Produktivität pro Arbeitsstunde stieg im gleichen Zeitraum um 34,8 Prozent an.

In den Jahren vor 2010 stagnierten die Lohnsteigerungen bis quasi Stillstand. Inflationsbereinigt hatten die Arbeitnehmer teilweise weniger in der Tasche als ein Jahr zuvor. Höhere Produktivität bei stagnierenden Lohnanstiege und durch Zeitarbeit neu geschaffener Niedriglohnsektor hört sich nicht nach „zu teuren“ Arbeitnehmer an, sondern dann doch eher nach Lohndumping und nach einem Reibach für die Privatwirtschaft. Davon zeugen auch die Zahlen des BIP und den ansteigenden Bilanzüberschüssen im Außenhandel.


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