Deutsche Sparer und Anleger sind schon eine Besonderheit. Wechselt das Anlegerumfeld seine Qualität, wechselt der Privatanleger einfach seine Prioritäten. Aus Renditewunsch wird schlicht Sicherheitsbedürfnis und es darf auch was kosten.
Pragmatische Gelassenheit oder schlicht etwas „vernebelt“?

Auch wenn die Politik auf europäischer Ebene sowie die Bundesregierung in vielen Belangen der Finanzkrise darum bemüht sind, Fakten so gut wie möglich unter dem Tisch zu halten, so gelingt dies nicht in jedem Fall. Nebelkerzen werden dann eingesetzt, wenn die Wahrheit bis zum Bürger vorgedrungen ist.
Und die Politik zündet zahlreiche Nebelkerzen an, denn Kriseneinflüsse dringen früher oder später immer bis zum Verbraucher durch. Konnte der Informationsfluss nicht gestoppt werden, dann müssen die Blicke der Bürger eben umgeleitet werden. Sind alle Stricke gerissen, dann werden die Fakten eben ausgeschmückt und angepasst (z.B. Armutsbericht der Bundesregierung 2012).
Dabei reicht oft schon ein einfacher Blick, um die Wahrheit zu erkennen. Einfache Beispiele: Lohnerhöhung 1,5% und Inflationsrate 1,8% ergibt einen Realverlust von -0,3%-Punkte, fertig. 0,8% Zinsen für das Guthaben und 1,8% Geldentwertung ergibt einen realen Verlust von 1,0%-Punkte, ebenso einfach. 64% Rente vom letzten Nettolohn sind ganz klar deutlich weniger als 70 oder 75%, dazu ist nicht einmal rechnen notwendig. Die offizielle Teuerungsrate im Juni 2013 mit 1,8% wird plakatiert. Doch die Menschen ernähren sich gewöhnlich von Obst, Fleisch und Gemüse und in dieser Teil des „virtuellen Warenkorbes“ ist im Preis um durchschnittlich 5,4% angestiegen.
Seltsam? Deutsche Sparer tauschen einfach Prioritäten aus
Die deutschen Sparer zeigen jedoch ganz besondere Eigenart zu ihrem Geld und offenbar ist es gar nicht so schwierig, das Verhalten der Anleger auf der gewünschten Linie zu halten. Es reicht ein unsicheres Umfeld und schon ist der Bundesbürger dazu bereit, bares Geld für mehr Sicherheit zu bezahlen. Der Wunsch nach (positiven) Renditen gerät prompt an zweiter Stelle.
Das Wettrennen um möglichst hohe Zinssätze bei den klassischen Anlagen ist inzwischen auf ein Niveau gesunken, das den Renditen sehr genau entspricht. Um die 5 Prozent Tagesgeldzinsen wie sie noch vor 2008 zu erreichen waren, sind inzwischen zu einem Bruchteil zusammen geschmolzen. Doch eine Mehrheit der deutschen Privatanleger setzt nach wie vor auf das „gute alte Sparbuch“. Das Interesse zum Aktienhandel über das eigene Wertpapierdepot, war beim deutschen Sparer noch nie besonders ausgeprägt, wie es z.B. die Anleger in Großbritannien pflegen.
Die DZ-Bank ließ im vergangenen Juni von TNS-Infratest untersuchen, wie die Deutschen derzeit auf das Thema Sparen eingestellt sind. Demnach sind nur 25 Prozent der Anleger dazu bereit, die bisherige Sparanlage aufzugeben und sich nach attraktiveren Alternativen umzusehen. Doch 44 Prozent der Privatanleger sind äußerst „eisern“ und halten an ihrem derzeitigen Sparkonto unverdrossen fest.
Eine ähnliche Umfrage wurde bereits im Februar 2013 vom Marktführer bei Business-Analytics-Software SAS in Auftrag gegeben. Die Forsa-Ergebnisse sprachen von 84 Prozent Anleger, die sich mehr um die Sicherheit ihrer Anlage sorgten als um die Renditen. Sie wären bei kurzfristigen Geldanlagen sogar dazu bereit, bewusst Negativrenditen einzugehen. 28 Prozent von den Anlegern würden sogar den „Preis“ von bis zu 0,4% Zins-Nachlass bezahlen wollen.
Beinahe hätte Zypernkrise den deutschen Sparer aufgeschreckt
Sicher hat das „Hauen und Stechen“ um die Zypernkrise im April wesentlich zur Festigung des deutschen Sparerverhaltens beigetragen. Die dargestellte Erzürnung seitens der deutschen Bundesregierung über den ursprünglichen „Angriff“ auf die Sparereinlagen unter 100.000,- Euro kann sehr gut nachvollzogen werden. Dem Bundesbürger hätte man damit das erforderliche Quäntchen an Sicherheit entzogen, dass ihn dazu führt, das Geld auf den Konten zu belassen und es schlichtweg zu verpulvern. Was überhaupt passieren müsste, damit es in Deutschland zu einem gefürchteten Banken-Run käme, ist sehr schwer einzuschätzen. Gewöhnlich sitzt der Bundesbürger auch bei den Ereignissen, an denen in Südeuropa die Straßen bereits von tobenden Menschen durchzogen wären, noch immer im Wohnzimmersessel. Die Bundespolitiker haben es sehr, sehr leicht.
Nun steht für den Privatanleger wieder die „gesicherte Schutzmarke“ von min. 100.000,- Euro Einlagensicherung, EU-weit, sowie die eigenen Sicherungsfonds der deutschen Banken. Doch ein schneller und einfacher Blick auf die geplante Banken-Union der EU verrät sehr schnell, dass sich dieser Zustand mit der Aktivierung der neuen EU-Behörde sehr schnell ändern kann. Letztlich stellt die Banken-Union lediglich die Basis für den gewollten EU-Sicherungsfonds der Banken. „Einer für alle, alle für einen“, so die Devise, aber in der Praxis kippen die Südbanken Europas und die Nordbanken dürfen die Zeche bezahlen. Die Sparkassen und Raiffeisenbanken laufen nicht umsonst Sturm gegen diese Brüsseler Visionen.
Noch vor den Bundestagswahlen wägt die Bundesregierung noch sehr genau zwischen Konfrontationskurs mit Brüssel und Schmusekurs mit Wähler ab. Der Wind wird voraussichtlich ab Oktober 2013 seine Windrichtung schlagartig wechseln. Um die vermeintlichen Sicherheiten für die deutschen Sparer ist befindet sich der dicke Rauch von Nebelkerzen.
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