Bereits seit Monaten liegt der Europäische Leitzins bei historisch niedrigen 0,0 Prozent – Tendenz anhaltend. Was aber bedeutet diese Nullzinspolitik eigentlich? Und welche Effekte ergeben sich daraus für Sparer, Anleger und Kreditnehmer?
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Nullzinspolitik – was heißt das eigentlich?

Der Begriff Nullzinspolitik bezieht sich auf die Tatsache, dass die Europäische Zentralbank (EZB) den europäischen Leitzins auf einen historisch niedrigen Stand von 0,0 Prozent gesenkt hat. Zugleich erhebt die EZB einen Strafzins von minus 0,4 Prozent auf Einlagen und kauft darüber hinaus in großem Stil Anleihen auf.
Ziel dieser massiven Intervention ist es, die Märkte mit billigem Geld zu fluten, die Geldinstitute dazu zu bewegen, dieses Geld in Form von Krediten auszugeben und damit im Endeffekt die Wirtschaft im Euroraum anzukurbeln. Solange die gesamteuropäische Inflationsrate auf verhältnismäßig niedrigem Niveau verharrt, ist davon auszugehen, dass die Nullzinspolitik der EZB fortgeführt wird. Experten gehen davon aus, dass sich an der Situation in den nächsten 2 Jahren kaum etwas ändern wird, sofern sich die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen nicht ändern.
Vorteile und Nachteile der Nullzinspolitik für Anleger
Der Leitzins gilt für viele Finanzprodukte als Referenzzinssatz. Heißt konkret: Sinkt der Leitzins, sinken beispielsweise auch Einlagezinsen. Zum einen, weil sich deren Höhe an der Höhe des Leitzinses orientiert – zum anderen, weil Geldinstitute von der EZB mit billigem Geld versorgt werden, was sie unabhängiger von Kundeneinlagen macht, für die sie Zinsen zahlen müssten. Einfach ausgedrückt: Für Sparer ist die Nullzinspolitik ein Desaster, da sie für ihre Einlagen (wenn überhaupt) nur noch sehr geringe Zinsen erhalten. Auch Anleihen lohnen praktisch kaum noch – erst vor kurzem wurde bekannt, dass selbst 10-jährige deutsche Staatsanleihen eine negative Verzinsung aufweisen. Anleger zahlen damit sogar dafür, dass sie dem deutschen Staat Geld leihen dürfen.
Auch wer sein Geld zur Vorsorge in Versicherungsprodukte steckt, ist derzeit selten gut beraten. Versicherungen sind verpflichtet, einen Großteil ihrer Gelder sicher (z.B. in Anleihen und Zinsprodukte) anzulegen, was derzeit kaum Rendite bringt und damit auch die Gewinne der Assekuranzen und die Rendite der Versicherten schmälert. Von der Nullzinspolitik profitieren können derzeit vor allem Anleger, die auf Wertpapiere wie Aktien u.ä. setzen – trotz volatiler Märkte und unsicherer Marktteilnehmer aufgrund von Brexit & Co. Allerdings nur dann, wenn sich die Gewinnaussichten der wichtigsten Unternehmen nicht deutlich verschlechtern.
Gute Zeiten für Kreditnehmer
Zu den größten Profiteuren der Nullzinspolitik der EZB zählen Kreditnehmer. Das hohe Maß an Liquidität geben die Geldinstitute zwar nicht 1:1 in Form von günstigen Darlehen weiter. Seit den ersten Leitzinssenkungen infolge der Finanzkrise sinken die Zinsen für Ratenkredite jedoch deutlich und befinden sich derzeit auf einem sehr niedrigen Niveau. Für die Geldinstitute lohnt sich das Geschäft selbst mit sehr niedrig verzinsten Krediten in jedem Fall – bei der EZB müssten sie einen Strafzins für geparkte Einlagen entrichten.
Neben Ratenkrediten ist auch Baugeld so günstig wie nie zu haben, was allerdings nicht direkt auf den Leitzins zurückzuführen ist, der auf Baugeldzinsen in der Praxis keinen direkten Einfluss hat. Die Zinshöhe von Immobilienkrediten orientiert sich vielmehr an der Verzinsung von Pfandbriefen, deren Entwicklung sich in Deutschland an der Entwicklung der deutschen Staatsanleihen orientiert. Der sogar negative Zinssatz für deutsche Staatsanleihen bis zu 10 Jahren Laufzeit ist es de facto, der derzeit für die extrem niedrigen Baugeldzinsen verantwortlich ist.
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