„Länger arbeiten“. So lautet die Devise einer immer größer werdenden Garde von Bundespolitikern, Ökonomen und Wirtschaftsvertretern. Zuletzt Arbeitgeberpräsident Kramer. Er fürchtet um den Zusammenbruch des „Systems“.

Gesellschaft sei von Druck auf Arbeitsmarkt bedroht

Alte Menschen
Systemrelevant? Arbeiten bis ins Umfallen-Alter

Der Renteneintritt mit 67 ist längst unter Beschuss geraten und die abzugsfreie Rente mit 65 wurde ausgiebig verteufelt. Mit der frühzeitigen Rente nach 45 Arbeitsjahren sei ein überaus schädliches Wahlversprechen umgesetzt worden, so der Tenor.

Für den Renteneintritt wird inzwischen ein Alter zwischen 70 bis 80 Jahren gehandelt. Die Menschen in der Bundesrepublik müssen länger arbeiten, sonst „bricht am Ende des System zusammen“, so Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer lt. WAZ (Dienstag). „Wir“ müssten darauf vorbereitet werden, dass irgendwann nicht mehr mit 67 Jahren in die Rente gegangen werden könne. Das gebiete schon die Gesundheits- und Altersentwicklung. Die Gesellschaft werde den Belastungen des Arbeitsmarktes nicht mehr länger Stand halten können.

„Wer kann, sollte ruhig bis 80 arbeiten“, so 2012 der ehemalige SPD-Politiker Wolfgang Clement zur Welt und beließ es mit seiner Ansicht auf der eher Freiwilligen-Basis.

Die gesetzliche Rente wurde von rot-grün ohnehin zerstört (Agenda 2010), die private Versicherungswirtschaft steht aufgrund der niedrigen Zinsen mit dem Rücken zur Wand und immer weniger Arbeitnehmer können sich überhaupt eine (rentable) private Altersvorsorge leisten.

„System ist von Kollaps bedroht“

„Länger arbeiten“ lautet die Forderung des Arbeitgeberpräsidenten, ansonsten stehe das System vor dem Kollaps. Als wenn die Konzerne Interesse darin zeigten, das Durchschnittsalter der Belegschaft aufgrund der potenziellen Leistungsfähigkeit deutlich ansteigen zu lassen. Die von den Arbeitgebern übernommene Verantwortung für die willigen Arbeitnehmer, lässt sich an der wachsenden Zahl der fristenden Langzeitarbeitslosen sehr klar ablesen.

Arbeitgeber interessiert nur leistungsfähige Arbeiter

Junge, gesunde und voll leistungsfähige Arbeitnehmer sind von den Unternehmen gefragt. Maximale Effektivität und Gewinne lassen sich kaum mit einer „überalterten“ Belegschaft erzielen, die am „besten in Rente geschickt“ werden sollte. Mit „System“ kann Krämer ohnehin nur das Renten- uns Sozialsystem gemeint haben und kaum den Arbeitsmarkt. Hier greifen die Unternehmen die billigen und leistungsfähigen Menschen ab, oder lassen die Arbeitnehmer fallen wie heiße Kartoffeln. Wer aus dem Arbeitsleben ausgeschieden wird, fällt zulasten der Öffentlichkeit, nicht aber der Unternehmen.

Kümmern sich Arbeitgeber um arbeitsunfähige Menschen?

Mit dem steigenden Alter der Menschen steigt „so ganz nebenbei“ auch das Risiko der Pflegebedürftigkeit. Ein zusätzliches Risiko, das von den Betroffenen und von der Öffentlichkeit getragen werden muss, kaum aber von der Privatwirtschaft, die lediglich hälftig am Pflegeversicherungsbeitrag beteiligt ist. Kramers Warnung vor einem „System-Kollaps“ aufgrund eines „überlasteten Arbeitsmarktes“ ist eine Finte, die lediglich von den tatsächlichen Zusammenhängen ablenken soll.


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